
ZfK | Kommentar: Zählermanagement betrifft nicht nur Stromzähler
Kommentar: Zählermanagement betrifft nicht nur Stromzähler
Von Thomas Hemmer, Geschäftsführer der co.met GmbH
In der öffentlichen Diskussion rund um die Digitalisierung der Energiewirtschaft stehen derzeit u.a der Smart-Meter-Rollout und die Anforderungen an § 14a EnWG im Fokus. Doch bei allem berechtigten Interesse an intelligenten Messsystemen darf nicht vergessen werden: Auch das klassische Zählermanagement ist und wird die nächsten Jahre eine tragende Säule der Grundversorgung – vor allem die Bereiche Wasser, Gas oder Fernwärme. Wer diese Sparten organisatorisch oder strategisch vernachlässigt, riskiert nicht nur operative Brüche, sondern verspielt die Chance auf eine umfassende Digitalisierung, die wirklich alle Medienarten einschließt.
Die Realität in vielen Stadtwerken sieht heute so aus: Neben den verpflichtenden Rollouts im Strombereich sind weiterhin Millionen konventioneller Zähler verbaut, die regelmäßig gewechselt oder abgelesen werden müssen. Allein für diese Aufgabe braucht es flexible, skalierbare Prozesse – und zwar auf einem Niveau, das mit den Anforderungen an moderne IT-Systeme und knappe Personalressourcen mithalten kann. Digitalisierung und Effizienz sind hier keine Option mehr, sondern ein Muss.
Fachkräftemangel als Treiber für Kooperationen
Ein Blick in die Praxis zeigt, dass der Fachkräftemangel dabei zunehmend zum zentralen Engpass wird. Viele Stadtwerke berichten von Schwierigkeiten, qualifiziertes Ablese- oder Montagepersonal zu finden. Die Reaktion auf diese Entwicklung kann erfreulich pragmatisch sein:
In einigen Regionen entstehen neue Kooperationen oder sogar eigenständige Dienstleistungsstrukturen, die das Know-how und die Ressourcen mehrerer Stadtwerke bündeln und als regionale Zählerwechsel-Dienstleister auch für externe Kommunen tätig werden. Die dahinterliegende Logik ist klar: Die Unterstützung durch smarte Ablesemanagement- und Workforce Management-Systeme sowie digitale Prozesse machen es möglich, auch mit begrenztem Personalbestand ein professionelles Zählermanagement zu betreiben – vorausgesetzt, die Systeme sind durchdacht, flexibel und mandantenfähig.
Systemoffenheit statt Abhängigkeit
Ein zentrales Thema dabei ist die technische Architektur der eingesetzten Lösungen. Wer langfristig erfolgreich digitalisieren will, sollte sich frühzeitig mit Fragen der Interoperabilität und Zukunftsfähigkeit beschäftigen. Proprietäre Systeme einzelner Hersteller mögen im ersten Moment bequem erscheinen – auf lange Sicht führen sie jedoch oft in eine kostspielige Abhängigkeit. Denn wenn Zähler, Software und Datenformate nicht offen standardisiert sind, wird jeder spätere Wechsel zur Herausforderung. Gerade in einem Umfeld, in dem Investitionszyklen lang sind und Strukturen wachsen sollen, kann dies zum Hemmschuh werden.
Offene Standards wie der OMS-Standard ermöglichen dagegen eine hardwareunabhängige Gestaltung der Prozesse. So können Stadtwerke ihre Lieferanten wechseln oder Technologien anpassen, ohne jedes Mal ihr Gesamtsystem umbauen zu müssen. Das schafft Freiräume, um flexibel auf Marktentwicklungen zu reagieren und verhindert, dass Digitalisierung in eine Sackgasse führt.
Digitalisierung braucht Praxisnähe
Mindestens genauso wichtig wie die Technik ist der Bezug zur täglichen Arbeit. Lösungen, die in der Praxis nicht verstanden, akzeptiert oder genutzt werden, bleiben wirkungslos. Deshalb gilt: Digitalisierung muss nicht nur funktionieren, sie muss auch anschlussfähig sein – für kaufmännische Sachbearbeiterinnen ebenso wie für Monteure im Außendienst.
Workforce Management-Systeme mit mobilen Anwendungen zeigen wie durchdachte Digitalisierung echten Nutzen stiften kann. Wenn Aufträge automatisch geplant, Touren optimiert und Terminänderungen vom Kunden ohne manuelle Rücksprachen möglich sind, entsteht eine Win-Win-Situation: Die Kunden erhalten besseren Service, das Personal wird entlastet, und das Unternehmen profitiert von mehr Effizienz und Qualität in den Prozessen.
Fazit
Zählermanagement ist heute mehr als Ablesen und Wechseln. Es ist eine strategische Querschnittsaufgabe zwischen Netzbetrieb, Kundenservice, IT und Personalplanung. Wer hier nicht nur reagiert, sondern vorausschauend handelt, schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Digitalisierung – unabhängig von Sparte, Unternehmensgröße oder geografischer Lage. Und manchmal beginnt diese Zukunft eben nicht mit einer neuen Technologie, sondern mit der einfachen Entscheidung, Prozesse besser zu organisieren.